Wenn sich alles schwer anfühlt und dir dein Leben zu viele Aufgaben stellt, die du im ersten Augenblick nicht zu meistern vermagst… wer hilft dir dann? Wo gehts weiter? Wie gehts weiter? Bleibt das jetzt etwa so? Stillstand, Orientierungslosigkeit, Sinnlosigkeit?
 
Es gibt Tage, an denen fühle ich mich überfordert, ich frage mich, ob es das schon gewesen sein soll. Mein Leben hat mir bisher so einige harte Nüsse zu knacken gegeben und es fühlt sich manchmal so an, als würde mir langsam aber sicher die Puste ausgehen. Ist das der Sinn des Lebens? Arbeiten gehen, Schicksalsschläge wegstecken, funktionieren, aushalten und hoffen, dass es irgendwann besser wird?
 
Verstehe ich einfach nicht wie ein glückliches Leben funktioniert? War ich nicht im Verteiler, als die Bedienungsanleitungen dafür verschickt wurden?
 
Man stellt sich den Aufgaben, meistert sie, lernt aus ihnen, zieht das Positive heraus und dann? Dann kommt die nächste emotionale Monsterwelle.. als würde man in einem Ozean schwimmen, der voll von diesen Teilen ist. Wo sind die kleinen Wellen? Die einen nicht so durchschütteln, die leicht zu überstehen sind? Oder noch besser, wo sind die Wellen, die einen tragen? Auf denen man ein Stück durch das Leben gleitet und, oh mein Gott, sogar Freude dabei hat? Haben wir die Größe der Wellen selbst in der Hand? Sind wir Ihnen ausgeliefert oder kann man lernen sie zu nutzen um schneller voran zu kommen? Egel wie groß und mächtig sie sind? Manchmal fühle ich mich verloren und ohne Orientierung in diesem Ozean, genannt Leben, und ich bin kurz davor aufzugeben.
 
Das Gefühl der Sinnlosigkeit, Orientierungslosigkeit und die aufkommende Verzweiflung wie es weitergehen soll, kenne ich nur all zu gut, ich war jahrelang selbst darin gefangen und habe keinen Ausweg gefunden. Diese Tage, jeder einzelne, waren so schwer, verdammt einsam und dunkel und ich will nie mehr dorthin zurück. Und doch haben sie mich dazu gebracht, mein Leben in aller Tiefe kennenzulernen und sie haben den Menschen aus mir gemacht, der ich heute bin. Ich habe die Herausforderung angenommen und mich auf den Weg gemacht zu verstehen, warum. Heute ist bei mir von Depression keine Spur mehr, auch wenn es immer mal wieder Tage gibt, die sich verdammt genau so anfühlen.
 
Es scheint, als brauchen wir manchmal die großen, mächtigen Wellen die uns mit all ihrer Naturgewalt umhauen. Wir können aus ihnen lernen oder an ihnen zerbrechen. Beides ist eine Entscheidung, die in uns getroffen wird, bewusst oder auch oft unbewusst.
Heute weiß ich damit umzugehen, kann mir selbst helfen oder weiß wo ich mir schnell Hilfe holen kann. Vor 10 Jahren sah das ganz anders aus, ich war diesem dunklen Loch aufgeliefert und habe mich in ihm verloren. Man wird regelrecht süchtig nach dieser Finsternis, denn sie ist oft die einzige Emotion die man noch spürt. Und wir brauchen Emotionen, denn sie sind es, die uns Energie verschaffen. Sie sind der letzte Strohhalm an den man sich klammert um sein Tagwerk irgendwie zu schaffen.
 
Man sieht den Menschen diese Krankheit meist nicht an und doch sind mehr Menschen davon betroffen als man denkt. Vielleicht dein Bruder oder deine Schwester? Deine Kollegin oder beste Freundin? Wer weiß das schon….
 
In meinem Umfeld hatte das damals auch niemand mitbekommen, weder meine Freunde noch meine Familie. Ich wusste ja selbst lange Zeit nicht was ich habe, erst als ich zunehmende Nahrungsmittelunverträglichkeiten, Reizdarm und Angststörungen bekommen hatte (direkt gesprochen: als ich knietief in der Sche*** stand) wusste ich, da stimmt was nicht.
 
Weltweit erkrankten schätzungsweise 350 Millionen Menschen an einer Depressionen und ca. 800.000 Menschen nehmen sich jährlich das Leben. Mit diesen Zeilen möchte ich euch dort draußen dafür sensibilisieren, genau zuzuhören, genau hinzusehen, wie es den Menschen in eurem Umfeld geht. Gerade jetzt, in diesem turbulentem 2020. Nehmt euch Zeit, hört aktiv zu wenn euch jemand etwas erzählen möchte, plappert nicht mit eurer „viel schlimmeren Geschichte“ dazwischen sondern lasst ihn/sie wissen, dass er nicht allein ist. Fühlt mit ihr/ihm mit. Sprecht selbst offen über eure Schwächen in einer digitalen Welt voller Supermodels, zeigt euch verletzlich, denn darin liegt euer größter Schatz und euer größtes Potential für Wachstum und Weiterentwicklung. Es geht nicht darum, was nach außen gut aussieht, sondern darum, was sich im Innern gut anfühlt. Nächstenliebe und Mitgefühl braucht diese Welt aus meiner Sicht und keine oberflächliche Perfketion auf Social Media.
 
In diesen besonderen Zeiten 2020, in der es um Abstand halten, Isolation, Social Distancing geht, möchte ich mit meinen Zeilen auf die Menschen aufmerksam machen, die sich selbst vielleicht nicht trauen damit raus zu gehen und sich jemandem anzuvertrauen. Die sich schwach, allein und nicht gesehen fühlen. Ich merke immer wieder in meinem Freundes und Bekanntenkreis, aber natürlich auch an mir selbst, wie groß das Bedürfnis danach ist, jemand zu haben der einem einfach nur zuhört.
Es sind die kleinen Gesten die schon viel helfen können. Seid achtsam mit euch aber auch mit euren Mitmenschen, es kann einfach jeden treffen und man merkt es noch nicht einmal…
 
Eure Anne